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  • AutorenbildKlemens Patek

Belting! Drei Tipps, wenn's mal lauter sein soll!





Wir lieben Belting! Das ist laut, das ist kraftvoll - und das ist ein Klang, den wir von Pop bis Musical, ja sogar auf eine Art in der Oper und im Hardcore-Metall brauchen können. Nur - was ist Belting genau? Da gibt's so einige Definitionen und der Begriff ist nicht ganz so klar begrenzt.


Da schwirren Begriffe von "Mix-Belt", "Head-Belt" und noch viel mehr herum. Und weil's da ganz viel unterschiedliche Interpretationen gibt, gibt's den Begriff "Belting" in der Complete Vocal Technique (CVT) nicht. Das Klangspektrum von Belting findest du aber - je nachdem, wie du selbst Belting definierst - in zwei bis drei (ja vielleicht sogar in allen vier) Modes wieder. Je nachdem, ab welchem Anteil von metallischem Klang, du den Sound als "Belting" definierst.


Auch wenn Belting eben auch ein Spektrum ist ... Wir schauen uns heute an, wie du laute, kraftvolle Töne singen kannst - und das so, dass du danach nicht heiser bist. Mit einem höheren Anteil an metallischem Klang, wie wir bei CVT sagen würden. Laute Bruststimme würden andere vielleicht sagen. Anatomisch also: eher eine größere Kontaktfläche der Stimmbänder ("dickere Stimmbänder") und ein höherer Verschlussquotient, könnte man auch sagen. Innerhalb eines Öffnungszyklus der Stimmbänder (bei einem a1 bei Rund 440 Hertz wären das 440 Mal Öffnen und Schließen) ist der Anteil der Phase, in der die Stimmbändern geschlossen sind, höher.


Aber gut, das sind vielleicht nur theoretische Details. Mit den Tipps ist das so eine Sache: Jede:r Sänger:in ist anders, hat andere Gewohnheiten und Tendenzen, was die Stimme betrifft. Es gibt beim Singen kein "One Size Fits All". Dementsprechend werden sich die folgenden Geheimtipps auch widersprechen. Klingt eigenartig, ist aber so!


Wenn ihr euch an Belting probiert, hört auf euch und eure Stimme. Kitzelt oder kratzt es im Hals - sodass ihr husten müsst? Fühlt ihr euch heiser nach dem Üben? Dann: Stopp. Probiert die Klänge evtl. lieber wieder etwas tiefer aus - oder macht mal eine Übe-Pause. Und holt euch Rat bei einem CVT-Coach eures Vertrauens! Prinzipiell ist Belting - richtig ausgeführt - nicht schädlich für die Stimme. Aber es gibt eben ein paar Dinge zu beachten und da's laut sein soll und kraftvoll haben unsere Stimmbänder schon einiges zu bewältigen.


1. Trau dich, laut zu sein


Das ist jetzt eher ein Tipp für jene von euch, die eher die Tendenz haben, leise zu singen - oder denen vielleicht sogar schon einmal gesagt wurde, dass lautes Singen, Belting, "gefährlich ist". Ja, Belting neu für sich zu entdecken, kostet ein bisschen Überwindung. Man kann es drehen und wenden wie man will: Belting ist laut. Die Lautstärke suchen wir im richtigen Setting unseres Vokaltrakts. Belting braucht das Gefühl von "lautem Rufen". Mit Stütze und Kontrolle, einer guten Portion Twang sowie ohne Verspannungen in Kiefer, Zunge und Lippen, keine Frage.


Nimm dir also laute Klangvorbilder. Stellt dir etwa vor, du rufst von deinem Zimmer aus jemanden auf der Straße, der gerade dein Fahrrad stiehlt. "Heee" (das "e" eher wie "äh" ausgesprochen, nicht zu eng). Falls das noch nicht klappt, stell dir vor, du hast einen italienischen Akzent und du bist ein klischeehafter italienischer Pizzakoch, dem sein Fahhrad gestohlen wird: "Eeeeey!" Oder stell dir vor, du bist ein Fußballfan und rufst im Stadion "Oh-le-oh-le-oh-le-oh-le". Nimm dir keine allzuhohe Tonlage vor. Zeig die Zähne deines Oberkiefers.


Jedenfalls: Bring Energie in deinen Körper zum Rufen - und trau dich vielleicht etwas mehr Twang einzusetzen. Vor allem, wenn du es gewohnt bist, viel Kopfstimme zu singen und du dich erst an Bruststimmsounds mit mehr Metall herantastest: Trau dich laut zu sein. Ziele immer auf subjektive Lautstärke 8 von 10. Fang mit einfachem Rufen an - und merke dir auch die Energie, den Effort, den du brauchst, um diese Lautstärke zu produzieren.


2. Trau dich, leiser zu sein


Was? Erst lauter bitte, dann leiser? Wie gesagt, jeder braucht andere Tipps. Für mich persönlich war es enorm wichtig zu lernen, dass ich "owa vom Gas" muss, wie man in Ostösterreich so schön sagt. Wenn du das Gefühl hast, du singst schon ständig in Lautstärke 9/10 und du bist am Ende des Lieds, des Stücks, der Phrase erschöpft: Es mag ein offensichtlicher Tipp sein, aber hey: Probier's doch mal mit subjektiver Lautstärke 7 bis 8 von 10. Wichtig: Behalte das Setting bei, also nicht plötzlich den Twang reduzieren oder den Biss (sofern ihr in Richtung Overdrive denkt). Aber reduziere mal die Lautstärke und nimm dir damit auch ein bisschen Druck von den Stimmbändern. Es braucht für manche nicht sooo viel Druck, wie man manchmal meinen mag. Setting intensivieren, Körper fokussieren. Nicht zu viel einatmen, sonst brauchst du mehr Kraft dafür, die Luft zurückzuhalten, als dafür, sie effizient einzusetzen.


3. Körperscan: Bauch nicht anspannen


Wie könnte man über Belting schreiben und den Support, die Stütze vergessen. Die notwendige Menge an Support ist eines der drei Grundprinzipien von CVT. Gerade das ist ein Punkt, wo jede:r Sänger:in total unterschiedliche Inputs braucht. Sänger:innen, die es eher gewohnt sind, in der Kopfstimme/Falsetto zu singen, werden vermutlich mehr Supportenergie brauchen, mehr Widerstand in der Stützbewegung: Macht euch fertig für einen 100-Meter-Sprint (und lauft ihn während des Belting-Tons in Zeitlupe). Lasst euren Bauchnabel nicht zu schnell nach innen kommen, wenn ihr beltet, gebt ihm von innen mehr Widerstand. Oder stellt euch vor, ihr pustet einen Luftballon auf (einen von den widerspenstigen kleineren).


Aaaaber - und hier komme ich wieder zur anderen Gruppe: Das sind die, bei denen schon die Halsader aus dem Hals hervorspringt, der Bauch total angespannt ist und die Augen aus den Höhlen quellen, bevor der Ton den Mund verlässt :) Da lohnt es sich wohl an anderen Punkten anzusetzen. Tipp: Ausatmen, Körperanspannung loslassen. Und beim Singen dann genau auf den Körper achten: Nicht verspannen! Bauchmuskeln nicht "zumachen"/anspannen. Der Körper darf sich beim Singen nicht so anfühlen, als würdest du mit einem "huagh" einen schweren Zementsack heben. Ich arbeite da gerne mit Bewegungen: Eine meiner liebsten Bewegungen, die "Boyband-Hand". Kennt ihr, oder? Handfläche nach vorne - und mit gestrecktem Arm von links nach rechts ziehen. Das hat eine Spannung, aber auch eine Bewegung. Diese Resistance, dass die Bewegung nicht schlapp ist, brauchen wir, aber vor allem: Bewegung, damit wir uns nicht komplett verspannen.


Ein anderes Bild mit Bewegung: Schiebe einen schweren Wasserkrug, der vor dir auf dem Tisch steht, ganz langsam über den Tisch. Du kannst dir da natürlich deine eigene Bewegung zurechtlegen, die sich gut anfühlt. Wichtig: Nichts Übertriebenes, kein Zementsack, kein Ziegelstein. Die Bewegung steht im Vordergrund - mit Widerstand (durch den "Wasserkrug"). Übt den Ton, die Phrase, während ihr diese Bewegung auch tatsächlich macht.


Für alle, die es ein wenig konkreter wollen: Legt eine Hand unter euren Bauchnabel (Daumen ungefähr auf Nabelhöhe), was macht euer Bauch beim Singen von Beltingtönen? Wird er hart, machen die Bauchmuskeln "zu" und es gibt keinen Spielraum für Bewegung? Das ergibt meistens unerwünschte Verspannungen. Schau, ob du es schaffst, dass sich der Bauchnabel langsam nach innen bewegt. Übe auf tieferen, subjektiv leichteren Tönen.


4. Setting > Vokal


Und jetzt noch Tipp für vielleicht ein bisserl erfahrenere Belter:innen. Wie ihr wisst, lieben wir bei CVT unsere Vokale. Jeder Vokal hat andere Regeln. Übt eure Belting-Phrase auf einem Vokal, der euch leicht fällt. Vermutlich ein Vokal wie "eh" oder evtl. "äh", eventuell ein gerufen-offenes "oh" - also aus dem Spektrum der Modes Overdrive und Edge. Und übt die Phrase immer wieder auf eurem Übe-Vokal. Baut den Text nur langsam ein und verzichtet auf zu deutliche Artikulation. Das Vokalsetting (Twang, Zungenposition, Biss, ....) bleibt so gut wie unverändert. Erst langsam nähert ihr euch dem Originaltext wieder an - aber immer in Zeitlupe, also fließende Bewegungen im Vokaltrakt. Setting halten, Zunge und Vokaltrakt nur laaaangsam und mit Bedacht umformen.

Los, üben!


Übung macht die Meisterin und den Meister. Also ran an den Speck. Und nicht verzagen, wenn nicht alles gleich beim ersten Mal klappt: Im Zweifel fangt auf angenehmeren Tönen mit sich richtig anfühlenden Vokalen an. Und an alle Profi-Belter:innen da draußen: Spielt mal mit eurem Effort und eurer Lautstärke: Wo mischt sich vielleicht das Kiefer ein oder wo sind deine Bauchmuskeln auf Anschlag? Es lohnt sich hier das Energie- und Lautstärkemangement ab und zu wieder einmal zu durchforsten.



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